Urteil des Bundesgerichtshofs (1 StR 325/16) von Ende 2016 zum Thema Drogenhandel. Konkret ging es u.a. um die Frage, wo der Grenze zwischen Drogenhandel als Täter (=volle Strafe) oder als bloßer Gehilfe (=meistens eine geringere Strafe) zu ziehen ist.
Der Bundesgerichtshof sagt dazu:
Der Begriff des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln ist nach ständiger Rechtsprechung weit auszulegen. Er erfasst alle Tätigkeiten, die auf den Umsatz von Betäubungsmitteln gerichtet sind und schließt damit dem Grundsatz nach auch unterstützende Tätigkeiten als tatbestandliche Handlungen ein (BGH, Beschluss vom 26.Oktober 2005 – GSSt 1/05, BGHSt 50, 252).
Die Abgrenzung zwischen täterschaftlichen Handlungen und Beihilfehandlungen hat nach allgemeinen Regeln zu erfolgen (st. Rspr.; vgl. etwa BGH, Beschluss vom 8.Januar 2013 – 5 StR 606/12, NStZ 2013, 549; Urteil vom 28.Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGH St 51, 219 ). Dabei stellt der Bundesgerichtshof in seiner jüngeren Rechtsprechung vor allem darauf ab, welche Bedeutung dem konkreten Tatbeitrag für das Umsatzgeschäft insgesamt zukommt (BGH, Beschluss vom 30.August 2016 – 4 StR 297/16).
Ein Kurier ist danach als Gehilfe einzuordnen, wenn sich die Tathandlung auf den Transport von Betäubungsmitteln zwischen selbstständig handelnden Lieferanten und Abnehmern beschränkt und der Beteiligte nicht in der Lage ist, das Geschäft insgesamt maßgeblich mitzugestalten. Als mittäterschaftliches Handeltreiben kann eine Kuriertätigkeit demgegenüber einzuordnen sein, wenn der Beteiligte über den reinen Transport hinaus erhebliche Tätigkeiten entfaltet (BGH, Urteil vom 28. Februar 2007 – 2 StR 516/06, BGHSt 51, 219).
Solche Tätigkeiten können beispielsweise bei der Einbindung des Kuriers in den An- oder Verkauf der Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 9.November 2011 -1 StR 508/11), bei einer weiterreichenden Einflussmöglichkeit des Kuriers auf Art und Menge der transportierten Betäubungsmittel (BGH, Beschluss vom 30.März 2007 – 2 StR 81/07, NStZ RR 2007, 246) oder wenn der Kurier die transportierten Drogen am Zielort aufzubewahren, zu portionieren, chemisch umzuwandeln oder zu verpacken hat (Körner/Patzak/Volkmer, BtMG, 8.Aufl., § 29 Rn.221 unter Verweis auf BGH, Beschluss vom 7. März 2001 -2 StR 23/01), anzunehmen sein.
Wie immer ist der Einzelfall entscheidend. Das Urteil des BGH zeigt die Leitlinien auf, an denen das Tatgericht seine Abgrenzung zwischen Täterschaft und Gehilfentätigkeit messen lassen muß.
Besonders heikle Abgrenzungsfragen tauchen auf, wenn ein Beteiligter am Drogenhandel die Betäubungsmittel eigentlich nur hin- und herfährt, zwischendurch aber bei sich aufbewahrt oder umverpackt.
Als Rechtsanwalt im BtMG-Verfahren geht es mir zu weit, hier indiziell von einer Täterschaft auszugehen. Die genaue Rolle des Beschuldigten und sein Tatinteresse müssen im Rahmen der Verteidigungsstrategie genau herausgearbeitet werden, um eine möglichst geringe Strafe zu erreichen (wenn ein Freispruch unmöglich ist).